Wo heute der prächtige Markgrafenaltar von St. Laurentius steht, stand einst ein schlichterer Altar. Es handelt sich um einen Flügelaltar, der von einem berühmten Bamberger Künstler bemalt wurde. Der Altar stand allerdings nur wenige Jahrzehnte in St. Laurentius. Als die Reformation eingeführt wurde, zerstörte man den Altar. Die bis heute erhaltenen Reste können bei Führungen besichtigt werden.
Die Rekonstruktion des spätgotischen Flügelaltars
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts erhielt St. Laurentius einen neuen Altar. Vermutlich war zuvor der alte Altar bei einem Brand in der Kirche zu stark beschädigt worden.
Im Zentrum des neuen Altars, dem sogenannten Schrein, standen drei Heiligenfiguren: In der Mitte stand Maria, neben ihr der heilige Laurentius und eine weitere weibliche Heilige. Die dritte Figur ist leider stark beschädigt, sodass nicht mehr sicher auszumachen ist, wen sie darstellt. Vermutlich handelt es sich aber um die heilige Barbara.
Die Heiligenfiguren sind von unterschiedlicher Qualität. Die Figuren von Maria und Laurentius stammen vom selben Künstler und sind handwerklich und künstlerisch sehr gut gestaltet. Die Ähnlichkeiten in Gestaltung und Ausarbeitung der Figuren mit anderen Werken sprechen dafür, dass sie aus der Werkstatt von Tilman Riemenschneider stammen. Sie wurden allerdings nicht vom Meister selbst gefertigt. Bemerkenswert sind sie dennoch, vor allem ihre lebendigen Gesichter mit den ausdrucksstarken Augen und der realistische Faltenwurf der Kleider. Die dritte Heilige ist dagegen künstlerisch wesentlich schlechter ausgearbeitet. Gesicht und Faltenwurf der Kleidung erreichen längst nicht die Qualität der anderen Figuren.
Die Figuren waren ursprünglich bemalt. Die Gesichter der Frauen waren rosa, ihre Lippen hatten ein kräftiges Rot. Das Gesicht des heiligen Laurentius hatte einen helles rotbraun. Die Figuren waren Großteils mit Blattgold überzogen. Dabei wurden für unterschiedliche Flächen verschiedene Sorten Blattgold verwendet: Die Haare waren mattgolden, die Kleider glänzend. Wo für die Unterkleider und Faltenwürfe statt Blattgold Farbe verwendet wurde, nutze der Künstler leuchtende Blau- und Grüntöne.
Jeder Gottesdienstbesucher, der die Figuren erblickte, wird über ihre Pracht und ihren Glanz gestaunt haben.
Rechts und links am Schrein waren zwei Flügel befestigt, die sich wie Schranktüren öffnen und schließen ließen. Die Innenseite der Flügel bemalte der berühmte Bamberger Künstler Wolfgang Katzheimer der Ältere mit vier Szenen aus der Legende des Heiligen Laurentius (Die vier Szenen sind hier beschrieben). Auch die Außenseite der Altarflügel war ursprünglich bemalt. Das Bild auf dem linken Altarflügel ist vollständig verwittert. Auf dem rechten Altarflügel sind noch einige Reste der Heiligen Margarethe zu sehen. Sie wird als Königin mit Krone und Zepter dargestellt.
Die meiste Zeit des Jahres waren die Flügel geschlossen. Geöffnet wurden sie nur zu Feiertagen oder bei Festgottesdiensten zu anderen besonderen Anlässen.
Bei den Bildern des vollständigen Altars handelt es sich um eine Rekonstruktion. Erhalten sind heute nur noch die Altarflügel und die Heiligenfiguren. Ob der Altar also wirklich aus Stein war oder aus Holz, lässt sich nicht mehr sagen. Unklar ist ebenfalls, ob die Predella (der Sockel, auf dem der Schrein steht) ursprünglich bemalt war oder Schnitzereien enthielt. Wahrscheinlich war sie so schlicht, wie in der Rekonstruktion dargestellt. Andersfalls hätte man sie wohl auch aufgehoben und irgendwo eingelagert. Dasselbe gilt für die Frage, ob der Altar ursprünglich ein Gesprenge besaß. Gesprenge nennt man die kunstvollen Schnitzereien oben auf dem Schrein.
Der Altar dürfte also insgesamt eher schlicht gewesen sein. Dafür spricht auch die Qualität der erhaltenen Reste. Vergleicht man die Malereien auf den Altarflügen mit anderen Werken Katzheimers, fällt auf, dass er hier wenig Wert auf Details legte: Es gibt kaum Verzierungen. Den Händen der Figuren fehlen sämtliche Details wie z.B. Fingernägel. Auch Licht und Schatten stellt er nur sehr grob dar.
Das Ende des Altars und sein jetziger Zustand
Vom gesamten Altar haben bis heute nur die Altarflügel und die Heiligenfiguren die Zeiten überdauert. Sie befinden sich in der Sakristei von St. Laurentius und können dort bei Führungen besichtigt werden.
Wie lange der Altar in der Kirche stand, lässt sich heute nicht mehr mit Sicherheit sagen. Sicher ist, dass der heutige Markgrafenaltar aus den 1720er Jahren stammt. Ob davor allerdings noch der Flügelaltar in St. Laurentius stand, ist ungewiss. 1528 wurde nämlich in Wonsees die Reformation eingeführt. Ein Altar, in dessen Zentrum Heilige stehen, war für Evangelische ein Unding. Jahrhundertelang hatte man aus dem Anblick der Heiligen Trost geschöpft und sie als Vorbilder im Glauben gesehen, nun galten sie als unevangelischer Aberglaube.
Sollte der Altar unverändert geblieben sein, sind die Schäden an den Heiligenfiguren wohl mutwillige Zerstörungen aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, als St. Laurentius geplündert und als Pferdestall genutzt wurden.
Wahrscheinlich wurde aber der Altar schon kurz nach der Einführung der Reformation verändert: Man wird wohl die Heiligenfiguren abgenommen haben. Die Altarflügel dürften dauerhaft verschlossen worden sein. Ihre Rückseite, die jetzt das einzige war, was die Gottesdienstbesucher zu sehen bekamen, hat man schwarz übermalt.
Gerüchte besagen, dass die Heiligenfiguren Jahrzehnte auf dem Dachboden des Gemeindehauses lagen. Außerdem gibt es eine Legende, dass die Figuren einst vergraben und zufällig Jahrzehnte später wiederentdeckt wurden. Sicher ist: Der schlechte Zustand der Figuren heute spricht dafür, dass sie an einem feuchten Ort gelagert wurden. Die Bemalung der Figuren ist nämlich fast völlig verwittert und einzelne Finger oder ganze Hände und andere Teile der Figuren sind abgebrochen. Die Heiligenfiguren wurden lange Zeit also sehr achtlos und wie Sperrmüll behandelt.
Von den Altarflügeln ist nur die Innenseite gut erhalten. Sie wurde in den 80er Jahren restauriert und erstrahlt heute fast im selben Glanz wie vor 500 Jahren. Die Außenseite konnte allerdings damals nicht mehr restauriert werden. Unter der schwarzen Farbe kam nur wenig vom Bild der Heiligen Margaretha zum Vorschein. Vom Bild auf der Außenseite des linken Flügels konnte nichts wiederhergestellt werden.
Es ist ein Jammer, dass jede Generation die früheren verurteilt und ihre Werke so verächtlich behandelt.